Wohnraum Freiraum: Verdichtung ohne Vernichtung

Unter dem Titel „Wohnraum Freiraum - Verdichtung ohne Vernichtung!?“ hatte der Fachverband Gar-ten- Landschaft- und Sportplatzbau Berlin und Brandenburg e.V. in bewährter Partnerschaft mit den Landesverbänden von bdla und DGGL sowie der Fachgemeinschaft Bau zu einer großen Fachtagung am 22.06.2017 auf die IGA Berlin 2017 ins Besucherzentrum geladen.

Wohnraum Freiraum: Verdichtung ohne Vernichtung

Bild: Teilnehmer der abschließenden Podiumsdiskussion unter Moderation des DGGL-Vorsitzenden Philipp Sattler waren Prof. Ulrike Böhm, Eike Richter, Susanne Hutter von Knorring, Oliver Hoch, Ulrike Kessler, Eva Henze und Manfred Kühn.

Nach Grußworten von Minister a.D. Reinhold Dellmann, IGA-Geschäftsführer Christoph Schmidt und dem bdla-Landesvorsitzenden Eike Richter referierten Prof. Heinz Nagler von BTU Cottbus und Dr. Anne Schmedding von der Bundesstiftung Baukultur zum Wo und Wie der Verdichtung. Mit intellektuellem Tiefgang und nicht ohne eine Portion Selbstkritik schloss der erste Block mit Gedanken des Fachjournalisten Thies Schröder. Sicherung, Gestaltung und Entwicklung von Freiräumen standen im Mittelpunkt eines zweiten Blocks, in dem Susanne Hutter von Knorring als Vertreterin der Landeshauptstadt München, Prof. Ulrike Böhm als Landschaftsarchitektin und Eva Henze als Parkmanagerin aus Hamburg zu Wort kamen. Für die Länder der Region sprachen Manfred Kühne als Abteilungsleiter der Berliner Senatsbauverwaltung und Ulrike Kessler von der gemeinsamen Landesplanung.

Ein Fazit zogen die Veranstalter in zehn Thesen:

1. Wachsende Städte fordern Gestaltungskonzepte
Wenn die Menschen wieder in die Städte drängen, sind Verantwortliche und Fachleute gefragt, das Wachstum durch mehrheitsfähige Vorschläge zu gestalten. Die Erfahrung zeigt, dass ein Verzicht auf planerische Intervention letztlich mehr Risiken als Chancen birgt. Ein Laissez-faire gegenüber dem Zustrom wird daher nur kleinsträumig in begründeten Ausnahmefällen eine Alterna-tive sein.

2. Nachverdichtung ist unvermeidlich
Eine Fokussierung auf Außenwachstum läuft den Wünschen der Nachfrager zuwider und ist ökologisch nicht vertretbar: Menschen sehen das Wohnen in bestimmten attraktiven Stadtteilen als Ziel ihrer Wünsche und fragen entsprechend nach. Demgegenüber kann das freie Wachstum von Einfamilienhaussiedlungen in die Außengebiete nicht erwünscht sein. Im Ergebnis gilt es, sich dem Anspruch auf Nachverdichtung zu stellen.

3. Das Umland gehört dazu
Ein Teil der Nachfrage wird sich dennoch auf das Umland richten. Hier gilt es, frühzeitig durch angemessene Planungen zur Entwicklung der kleinen bis mittelgroßen Städte in der Peripherie der Metropolregion zu reagieren. Attraktive, raum- und umweltverträgliche Verkehrsanbindungen haben eine entscheidende wachstumslenkende Bedeutung.

4. Der Wert der Freiflächen steigt mit ihrem Umfeld
Wo Nachverdichtung erfolgt, werden auch die verbleibenden Freiräume immer bedeutsamer. Wo der Wert von Bauland steigt, bedarf die Sicherung der Freifläche aber stets auch tragfähiger Argumente. Nur wo der Freiraum bei den Menschen Akzeptanz findet, wird er Bestand haben. Qualitätssichernder Erhaltung und konsequenter Weiterentwicklung bestehender Anlagen kommt eine besondere Bedeutung zu.

5. Qualifizierung der Freiflächen ist notwendig
Freiflächen im hochverdichteten städtischen Raum sind vor allem unter sozialen und ökologischen Aspekten wertvoll. Oft gehören Sie auch zum kulturellen Erbe der gewachsenen Stadt. Ihre Be-deutung gilt es herauszustellen, ihre Funktion zu sichern und zu stärken.

6. Interessenkonflikte akzeptieren und analysieren
Die Erhaltung und Entwicklung von Freiräumen im Verdichtungsprozess steht im Mittelpunkt oft gegensätzlicher Interessen. Solche Gegensätze gilt es grundsätzlich zu akzeptieren und jeweils genau zu analysieren. Temporäre Nutzungsformen können dabei einen wichtigen Beitrag zum Interessenausgleich leisten.

7. Instrumente des Interessenausgleichs finden
Überkommene Instrumente formalen Interessensausgleichs haben zuletzt oft Scheinlösungen hervorgebracht. Der Instrumentenkoffer ist daher auf seine Tauglichkeit zu hinterfragen, die Instrumente sind dem Stand von Kommunikationstechnik und Bürgererwartungen anzupassen.

8. Verwaltung muss koordinieren
Die öffentliche Verwaltung muss sich in diesem Prozess als Moderator eines wirklichen Interessenausgleichs verstehen. Die bisher praktizierte Konzentration der Behörden auf vollziehende Aufgaben muss durch ein neues Selbstverständnis als Motor der Koordinationsprozesse ergänzt werden.

9. Transparente Verfahren leben
Nur Lösungen unter transparenter Einhaltung eines vorab vereinbarten Verfahrens werden unter den Bedingungen einer offenen Informationsgesellschaft Akzeptanz finden. Die konsequente Berücksichtigung kleinräumiger und individueller Interessenlagen ist wesentliche Voraussetzung für langfristig tragfähige Lösungen.

10. Ein Mehr an Formen
In unserer hochkomplexen und zunehmend digital ausgerichteten Stadtgesellschaft sollte beim Thema Nachverdichtung nicht allein in konventionellen Formen gedacht werden. Ein Bekenntnis zu mutigen und kreativen Lösungen ist ebenso wichtig wie die Bereitschaft zum Lernen von anderen Städten.

Philipp Sattler, der den Tag als Moderator mit sicherer Hand geleitet hatte, konnte sich mit allen Veranstaltern darüber freuen, dass fast alle Teilnehmer bis zum Schluss geblieben waren. Schnell bestand Einvernehmen, dass die interessanten Referate auch diesmal wieder als Tagungsband dokumentiert werden sollen.

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